Wassen
Seit dem Aufkommen des Nor-Süd-Verkehrs über den Gotthard war Wassen ein Zentrum der Säumerei. Eine besondere Genossenschaft bewerkstelligte den Transport der Kaufmannsgüter und betrieb eine eigene Sust im Stattlichen Gebäude, in welchem sich heute das Gasthaus Alte Post befindet. Hier zog das Land Uri seit dem 17 Jahrhundert bis 1848 auch den Zoll für Güter über den St. Gotthard und über den Sustenberg ein.
Schon 1408 hatte Wassen, welches zur Landespfarrei Silenen gehörte, einen eigenen Seelsorger. 1439 löste das Dorf die Zins- und Zehntenverpflichtungen gegenüber der Mutterkirche ab und war seither nahezu selbständig.
Oberhalb des Dorfes am alten Weg ins Meiental errichteten die Urner 1712 nach den Plänen von Ingenieur Pietro Morettini eine militärische Befestigung, die Meienschannze, eine Wehr gegen befürchtete Angriffe durch die Berner.
Die Fahrbarmachung der Gotthardstrasse 1820-1830 brachte für ein Jahrzehnt reichlich Arbeit und anschliessend einen verkehrsmässigen Aufschwung. Nach einer stürmischen Bauzeit löste 1882 die Gotthardbahn den alten Säumer-, Kutschen- und Schlittenverkehr ab. Wassen stürtzte in eine wirtschaftliche Krise. Doch die durch die Bahn gebotenen Arbeitsplätze und die aufkommende Granitindustrie brachten einen Ausgleich, ebenso die 1938-1946 erstellte Sustenstrasse. Die Elektrizitätswirtschaft schuf um 1920 das Ausgleichsbecken beim Pfaffensprung und nützt das Reusswasser in den Kraftwerkzentralen Wassen (seit 1949) und Amsteg (seit 1921). Seit 1980 steht die durchgehende Nationalstrasse N 2 zur Verfügung, das Dorf ist vom Transitverkehr entlastet.
Die Pfarrkirche St. Gallus mit den kostbaren Altären von Jodok Ritz wurde 1867 erbaut. Die Kapelle St. Margaretha in Meien, schon im Mittelalter nachgewiesen, wurde 1867 neu errichtet. Das 1902 in einheimischem Granit gemauerte Schulhaus ist nebst der weit herum sichtbaren Barockkirche das zweite Wahrzeichen der Gemeinde.
Wer kennt es nicht - das auf einer leichten Anhöhe gelegene Kirchlein von Wassen? Nach der Eröffnung der Gotthardbahn im Jahr 1882 wurde es zu einem Wahrzeichen auf der Fahrt in den Süden und zu einem Fixpunkt in der verwirrenden Linienführung der Kehrtunnels. Der im Zug Reisende sieht es dreimal von einer anderen Seite. Das barocke Kirchlein zählt sicher zu den bekanntesten Gotteshäusern der Schweiz. Doch die wenigsten haben es schon von Innen gesehen. Dabei ist ein Besuch der prunkvoll ausgestatteten Barockkirche und des schmucken Dorfs Wassen durchaus lohnenswert.
Wassen, Dorfplatz um 1830
Wassen ist nicht erst durch die Bahnlinie bekannt geworden. Schon bald nach der Eröffnung des Saumwegs über den Gotthard im 13. Jahrhundert entwickelte sich das kleine Bergdorf zu einem wichtigen Etappenort. Hier stand schon früh eine Sust, in der sämtliche Waren abgeladen und gewogen werden mussten. Seit dem 17. Jahrhundert zog hier das Land Uri auch den Zoll für die Waren über den Gotthard und den Sustenpass ein. In Wassen spürt man bis heute den Hauch der Vergangenheit. Schmucke Stein- und Holzhäuser und der von einem prächtigen Brunnen dominierte Dorfplatz bilden eine einzigartige Kulisse. So hat Wassen schon ausgesehen, als noch die fünfspännige Postkutsche durch das Dorf fuhr und einen kurzen Halt einschaltete, damit die erhitzten Pferde ausgewechselt werden konnten.
Pfaffensprung-Schlucht
Die Urner Landschaft wurde im Verlaufe der Jahrmillionen wesentlich vom Wasser geformt. Zunächst vom Urmeer, das einst auch über unserem Alpengebiet lag. Später von den mächtigen eiszeitlichen Gletschern, welche die Täler aushobelten. Vollendet wurde das Werk von der Reuss und ihren zahlreichen Nebenflüssen. Sie schütteten den Talboden auf, wuschen Gesteine aus und gruben tiefe Schluchten in das Gebirge. Beim Pfaffensprung ist besonders gut zu sehen, wie kreativ das Wasser die Landschaft gestalten kann. In Abertausenden von Jahren hat sich hier die Reuss durch den harten Felsen einen Weg geformt.
Entstanden ist so eine kleine Schlucht, die schon früh die Phantasie der Einheimischen belebte. Die Sage will, dass sich hier im Hügel in einem unterirdischen Gang ein wertvoller Schatz verberge. Als es darum ging, wo man die Wassner Kirche bauen solle, grub ein Mann auf dem Hügel beim Pfaffensprung, um zu sehen, ob genügend Fundament vorhanden wäre. Dabei stiess er auf Kohlen. Aus Spass nahm er davon einige Brocken mit nach Hause, wo sich die Kohlenstücke als Gold entpuppten. Doch wie schade: Erneutes Suchen blieb erfolglos. Auch für den Namen Pfaffensprung wusste der Volksmund eine plausible Erklärung. Zwei Geistliche sollen hier auf der Flucht über die Reuss gesprungen sein. Während dem einen der mutige Sprung gelang, sei der andere in die tiefe Schlucht gestürzt. Eine andere Geschichte erzählt, dass ein Priester einst ein Mädchen entführt habe. Von seinen Feinden hartnäckig gejagt, sei er beim Pfaffensprung mit einem Riesensprung seinen Verfolgern entkommen. Wie auch immer - heute führt ein sicheres Brücklein über
Im Jahre 1246 erscheint zum ersten Male urkundlich der Name des Tales, 1318 tritt der Ortsname „Oegsten“ auf, der den heute noch vorhandenen Weiler „Eisten“ betrifft, welcher auf einer klimatisch begünstigten Talterrasse liegt. Diese gute Lage spricht dafür, dass es sich um eine der ältesten Siedlungen des Tales handelt.
Um 1860 zählt das Meiental den höchsten Bestand von 445 Einwohnerinnen und Einwohner. Zwischen 1880 und 1888 zeigten die Einwohnerzahlen dann einen rapiden Bevölkerungsrückgang. Die Gründe mögen in den wachsenden Lebensansprüchen gelegen haben. Lähmend wirkte sich auch das Fehlen eines guten Fahrweges. Während die ersten Auswanderer vorwiegend nach Ungarn und Frankreich gingen, wanderten ab 1880 immer mehr nach Kalifornien aus, wo sie auf grossen Farmen Beschäftigung fanden. Bedeutsam für die Auswanderung war jedenfalls der 1877/82 erfolgte Bau der Gotthardbahn, da mit deren Vollendung eine Haupeinnahme des Tales bildende Heulieferung für die Pferde nach Wassen verloren ging.
Mit der Eröffnung der Sustenstrasse im Jahre 1946 wurde das Meiental definitiv in den Kanton Uri eingebettet. Die im Mittel auf 1'350 Meter liegende Talschaft mit Ausdehnung von Osten nach Westen ist heute von der Autobahnausfahrt Wassen aus in weniger als 10 Minuten erreichbar. Ein eigentliches, fest begrenztes Dorf gibt es nicht. Die ganzjährig bewohnten Weiler sind Husen, Dörfli, Eisten, Kapelle, Aderbogen, Fürlauwi und Färnigen.
Die Landwirtschaft bildet bis heute den Haupterwerbszweig für die Bewohnerinnen und Bewohner des Tales. Während der Sommerzeit öffnen zudem einige Gasthäuser ihre Türen. Leider ist es nicht zuletzt infolge des starken Bevölkerungsrückganges auf rund 55 Einwohnerinnen und Einwohner nicht gelungen, einen ganzjährig geöffneter Gastronomiebetrieb zu erhalten. Die Schliessung der Postablage im Jahre 2002 sowie des eigenen Schulbetriebes im Jahre 2000 haben dabei die Entwicklung des Tales nicht positiv beeinflusst. Im Weiteren wartet die Talschaft seit über dreissig Jahren auf eine wintersichere Verbindung nach Wassen.
Der Sustenpass, als Verbindung des Reusstales mit dem Aaretal, kann wie die meisten Alpenübergänge in der Schweiz auf eine Vergangenheit zurückblicken, die sowohl in Zeiten friedlichen Handelns und Verkehrs als auch in Zeiten kriegerischer Wirren von Bedeutung war.
Als Zeuge für die strategische Wichtigkeit des Sustenpasses in der Kriegsgeschichten der Eidgenossenschaft finden wir am Ausgang des Meientales oberhalb des Dorfes Wassen die Meierschanze, die im Jahre 1618 gebaut und während des zweiten Villmergerkrieges nach einem Plane des Festungsbaumeisters Pietro Morettini im Jahre 1710 zu einem für damalige Zeiten hervorragenden Sperrwerk ausgebaut wurde. Eine wichtige Rolle fiel dem Sustenpass und insbesondere der Meienschanze während des zweiten Koalitionskrieges von 1799 bis 1802 zu, als die Schweiz Kriegsschauplatz fremder Heere wurde. Im August des Jahres 1799 rückte eine französische Brigade unter General Loison nach Ueberwindung ausserordentlicher Schwierigkeiten und behindert durch schlechtes Wetter über den Sustenpass gegen das Reusstal vor mit der Aufgabe, die Vereinigung der Oesterreicher mit den Russen zu vereiteln, die unter dem Feldherrn Suworow über den Gotthard im Anmarsch waren. Tapfer verteidigt durch eine zahlenmässig unterlegene oesterreichische Besatzung, fiel die Festung schliesslich am 15. August 1799 unter dem Ansturm der kriegsgewohnten französischen Truppen. Darauf hin zerstörten die Franzosen die Festung fast vollständig.
Man schrieb das Jahr 1810, als die Kantone Uri und Bern übereinkamen, die Strasse über den Sustenpass auszubauen und befahrbar zu machen. Besonders für den Kanton Uri bedeutete das Unternehmen eine grosse finanzielle Last, da zu gleicher Zeit noch nicht einmal Mittel für den Wiederaufbau der beim Brand von Altdorf zerstörten Staatsgebäude vorhanden waren.
Die Arbeiten wurden im Juli 1811 aufgenommen. Kurz vor Vollendung des Werkes im Jahre 1818 hatte der Sturz Napoleons die Verhältnisse grundlegend verändert. Mit der Wiederangliederung des Wallis an die Schweiz verlor der Sustenpass seine Bedeutung als Handelsweg zum Gotthard. Die Arbeiten wurden nur kurz vor der Vollendung des Werkes 2 km im oberhalb von Wassen gelegenen Feden eingestellt. Erst rund hundert Jahre später im Jahre 1913 wurde dieses fehlende Teilstück fertig gebaut. (Mehr unter dem Link unten..)
Wassen liegt auf 930 m ü. M. über dem linken Ufer der Reuss im oberen Teil des Urner Reusstals am Eingang zum Meiental und liegt somit in den Urner Alpen. Die Meienreuss mündet bei Wassen in die Reuss. Unterhalb des Dorfes liegt der Stausee am Pfaffensprung.
Zur Gemeinde gehören im Reusstal das Dorf und einige kleine Häusergruppen. Im Meiental gibt es zahlreiche kleine Siedlungen und Häusergruppen. Die grössten sind Dörfli (1280 m ü. M. hoch), Färnigen (1459 m ü. M.), Husen (1179 m ü. M.) und Kapelle. Sie sind zwischen 3 und 7,5 km vom Dorf entfernt an der Passstrasse zum Sustenpass.
Nur 26 ha oder 0,3 % der Gemeinde sind Siedlungsfläche. Bedeutender ist zwar die Landwirtschaftsfläche mit 732 ha oder einem Anteil von 7,6 %. Doch der Grossteil des Gemeindeareals ist von Wald und Gehölz bedeckt (1726 ha oder 17,8 %) oder unproduktives Gebiet (Gewässer und Gebirge; 6546 ha oder 67 %).
Wassen grenzt im Norden an die Obwaldner Exklave Engelberg, an Attinghausen und an Erstfeld, im Osten an Gurtnellen, im Süden an Göschenen und im Westen an die Berner Oberländer Gemeinde Gadmen.
In Weiss Ein Rotgezungter Schwarzer Bär Mit Geschultertem Gelben Rundholz.
Das Wappen erklärt sich aus dem St.-Gallus-Patrozinium der Wassner Pfarrkirche. Der heilige Gallus wurde nach der Legende beim Bau seiner Zelle an der Steinach von einem Bären unterstützt. Beide schmückten zusammen schon im frühen 19. Jahrhundert das Pfarreisiegel. Das Gemeindewappen dürfte Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden sein.
Zitat Text "Wassen" und "Wappen" aus: "Die Urschweiz und ihre Wappen" Seite 47, Hans Stadler-Planzer, Verlag Ketty & Alexandre, ISBN 2-88114-011-4
Text "Geographie" und Bild Lage im Kanton aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Wassen
Alle anderen Textzitate und Fotos aus: http://www.wassen.ch/home/
Manfred Stammler, 9 April 2018 / 22 Juli 2019 / 4 März 2020
Wassen
- Portrait der Gemeinde Wassen, Uri, Schweiz
- Portrait of the municipality of Wassen, Uri, Switzerland
- Portrait de la commune de Wassen, Uri, Suisse